Rezensionen

Hartmut Dreier:

Monika und Michael Höhn (Hg.): Pazifismus. Unsere Hoffnung auf Frieden – ein FriedensLeseBuch. 423 S. 2023. Verlag Oberberg, 51545 Waldbröl, ISBN 978-3-00-074784-7. Preis: 22 Euro

Ich kenne und schätze die beiden Höhn´s seit 1969, wo sie damals in Duisburg-Bruckhausen in der ev. Kirchengemeinde bewundernswert Gemeinwesenarbeit betrieben, ich war damals tätig in der ESG Bochum/beim AMOS. Seither trafen wir uns meist zufällig oder bei Veranstaltungen mit dem gemeinsamen Freund Hermann Schulz (Wuppertal). – Dieses Buch ist aktuell, spannend. Dank ihrer friedens-aktiven Existenz, ihrer Menschlichkeit, Intelligenz, Sprachkraft und ihrer lebenslangen Netzwerke legen sie hier ein „FriedensLeseBuch“ vor: 116 Beiträge die meist biografisch grundiert sind, von 54 AutorInnen. Der Bogen geht von „Aus meiner Kindheit – Bombenangriff überlebt – 1944“/“Meine Kindheit – nach dem Krieg – 1945“ bis zum Krieg in der Ukraine 2022 (Putins „Angriffskrieg“); aber auch das Thema Israel-Palästina kommt vor in Verbindung mit Besuchsreisen in der besetzten Westbank. Dazwischen all diese Stationen und Themen, wo viele Friedensbewegte unterwegs waren/bleiben:  Vietnam – Friedensdemos (gegen die Neutronenbombe und gegen die sog. „Nachrüstung“ Anfang der 1980er Jahre, örtlich und in „Bonn“) – Ostermarsch-Bewegung – Abschaffung der Atombomben /Erinnerung an Hiroshima/Nagasaki 1945 – Solidarität in Nicaragua (vor allem auf der dortigen Insel Ometepe) – Bosnien/Balkankrieg 1990ff – Begleitung von Geflüchteten im Oberbergischen Wiehl bei Gummersbach (wo Höhn´s seit vielen Jahren wirken) .- Ich habe das Buch von vorn bis hinten  „verschlungen“: Besondere  „Highlights“ für mich: Petra Kelly (1981) zum Zusammenwirken von Ökologie-, Friedens- und Frauenbewegung, Achim Schulz zu Aeham Ahmad (bekannt geworden als „der Pianist in Trümmern“, der nun in Ostwestfalen lebt und  musikalisch und erzählend viel auf Konzertreisen ist, wo mit andern Künstlern auftritt bzw sie fördert) –Briefwechsel aus 1988 zwischen Jugendlichen wie Sarah Höhn und Michael Gorbatschow – Michael Schulze von Glaser: „Warum Pazifismus gerade wichtiger denn je ist“ (Stand 2022). Ein wesentliches Buch für das täglich notwendige Ringen um den eigenen klaren Kopf, für unsere eigene Haltung zur Abschaffung von Krieg wo wie im Ukraine-Krieg auch mein Pazifismus gelegentlich ins Schwanken geraten war.

Hartmut Dreier aus Marl war evangelischer Pfarrer und gehört zu den Pionieren des christlich-islamischen Dialogs. Aus der ursprünglich dialogischen Arbeit entstand ein Trialog zwischen Synagoge, Moschee und Kirche. Seit Jahrzehnten engagiert er sich für den interreligiösen Dialog.

Begonnen hat der heute 83-Jährige seine Arbeit als Studenten-Pfarrer an der Ruhr-Universität Bochum. Im Jahr 1977 wechselte er zur Evangelischen Kirchengemeinde Hüls in Marl und war dort bis zu seiner Pensionierung als Pfarrer tätig. Zusammen mit seiner Frau Almuth erkannte Hartmut Dreier schon früh, dass die Lebenswirklichkeit in dem Stadtteil stark vom Zusammenleben von Bergleuten mit und ohne Migrationshintergrund geprägt war. Um mehr miteinander ins Gespräch zu kommen, etablierten sie Ende der 70er Jahre in der Kirchengemeinde das bis heute bestehende „Internationale Frauenfrühstück“. Es ist ein beliebtes Angebot, das Gespräche von christlichen und muslimischen Frauen ermöglicht und die Integration in die Gesellschaft fördert.
Hartmut Dreier war in den 80er Jahren maßgeblich an der Gründung der „Christlich-Islamischen Arbeitsgemeinschaft“ (CIAG) in Marl beteiligt. Die CIAG dient als Gesprächsforum und Plattform für kulturelle Projekte und der Information über die beiden Religionen Christentum und Islam. Nach seiner Pensionierung steigerte er nochmals sein Engagement. 
Als Befürworter der ersten Stunde macht er sich seit über 20 Jahren für das Abrahamsfest in Marl stark. Als Fest der Religionen organisiert er im Team mit rund 20 ähnlich Denkenden aus den drei Religionen jährlich eine Aktionswoche mit einer Vielzahl unterschiedlicher Veranstaltungen. Das Abrahamsfestmahl im Rathaus bildet den großen Abschluss der Aktionswoche, zu dem sich rund 350 Bürgerinnen und Bürger aus allen Religionen versammeln. Für das Abrahamsfest setzt sich neben der Kirchen- und Moscheegemeinde auch die Jüdische Gemeinde Recklinghausen und die Stadt Marl ein. Die Veranstaltungen richten sich vor allem an Kinder und Jugendliche und haben das Ziel, das Zusammenleben in religiöser Vielfalt zu fördern. Für dieses Projekt ist Hartmut Dreier maßgeblich verantwortlich. Sie organisieren für das Abrahamsfest eine Vielzahl von Vortrags- und Begegnungsveranstaltungen an verschiedenen Orten in der Stadt, vom Skulpturenmuseum bis zum Chemiepark. Dabei haben er und das Team immer den direkten Kontakt zu den Menschen aus den Moscheevereinen und der Jüdischen Kultusgemeinde Recklinghausen gepflegt…
Wichtig ist Dreier auch die Vernetzung der Dialogarbeit. Zum Beispiel werden andere Mitglieder der CIAG und er selbst häufig als Referenten angefragt, um über die Arbeit in Marl zu berichten. Zudem ist er seit 1984 aktives Mitglied der „Christlich-Islamischen Gesellschaft e.V. Köln“ und nimmt regelmäßig an den dortigen Aktivitäten teil. Das Engagement ist ehrenamtlich und geht weit über die ursprüngliche berufliche Tätigkeit hinaus.
Als Sachkundiger Bürger ist Dreier auch politisch für die Fraktion „Wählergemeinschaft – Die Grünen Marl“ aktiv. Bis heute gehört er dem Ausschuss für Kultur und Weiterbildung an. Mit einem Unterstützerkreis setzte er sich etwa zehn Jahre lang für den letztlich erfolgreichen Erhalt und Umbau der „Scharoun-Schule“ Marl ein. Es handelt sich um ein Beispiel herausragender moderner Architektur und des organhaften Bauens des Architekten Hans Scharoun, das heute unter anderem als Musikschule dient.

Pazifismus – Unsere Hoffnung auf Frieden
Hg :. Monika und Michael Höhn

Mein Bruder Hartmut und seine Frau Julia schenkten mir zu meinem 86ten Geburtstag im Mai 2023 dieses facettenreiche ,thematisch vielfältige Buch. Sie sind mit Monika und Michael Höhn seit Jahrzehnten eng befreundet. Ich bin den beiden  nur selten begegnet, schätze sie wegen ihrer vielfältigen Aktivitäten sehr.

Ich, geboren im Jahr 1937, habe den Zweiten Weltkrieg bewusst erlebt: Flucht unter Tiefflieger-Beschuss, jahrelanger Aufenthalt als geflüchtete, nicht willkommene Familie unter ärmlichen Verhältnissen, Arbeitslosigkeit des Vaters, ein Schicksal wie von Millionen Menschen gleich erlebt.

Davon bin ich mein Leben lang geprägt, aber auch motiviert, in meinem Beruf als Pfarrer mich für Frieden einzusetzen. Besonders die Arbeit mit Studierenden in der ESG Aachen in den 80er Jahren war von Versöhnungsarbeit, d.h. Friedensarbeit in der damaligen Sowjetunion geprägt, mit Besuchen dort und hier. Auch die grenzübergreifende Arbeit für die protestantischen Gemeinden in Belgien und den Niederlanden im Dreiländereck Aachen in den 90er Jahren war von den traumatischen Erfahrungen der dortigen Gemeinden während des Zweiten Weltkriegs und um Wege des versöhnten Miteinanders bestimmt.

Der Krieg zwischen Russland und der Ukraine zeigt – neben vielen anderen Kriegsschauplätzen in der Welt- wie gefährdet, ja verletzt und zerstört Friede sein kann und ist, Zehntausende Menschen getötet, verletzt, ganze Städte zerstört. Rat- und Mutlosigkeit, Verzweiflung aber auch Wut, Vergeltungssucht und Hass breiten sich immer weiter aus.

In dieser auch mich tief erschütternden und verunsichernden Situation hat mich das Buch

„Pazifismus-Unsere Hoffnung auf Frieden“ gefesselt und gestärkt. Gefesselt durch die verschiedenen Beiträge mir bisher unbekannter, aber auch sehr vertrauter Autoren.

Gestärkt in der Gewissheit, dass Kriege nicht im Frieden enden, d.h. dass die Antwort auf Krieg nicht ebenso Krieg sein kann, sondern nur jede –oft aussichtslos scheinende- Friedensinitiative. Von diesen ist das Buch reichlich gefüllt, ja beschenkt, aber auch von dem Grundton biblischer Botschaft, dass Krieg nach Goittes Willen nicht sein darf.

Dank Euch , Monika und Michael, für Euren wichtigen Beitrag , und allen, die daran mitgewirkt haben.

Helmut Aston, Pfarrer i.R.
Aachen im Advent 2023

Monika und Michael Höhn (Hg)

Pazifismus – Unsere Hoffnung auf Frieden – Ein FriedensLeseBuch , 423 Seiten, 22 €

Bei www.verlag-oberberg.de oder in Buchhandlungen erhältlich